Freitag, 12. Oktober 2012

Herr von Ribbeck


Eines meiner Lieblingsgedichte ist von Theodor Fontane. Ich kann mich erinnern, dass wir es in der Schule auswendig lernen mussten. Meine Güte, war ich damals aufgeregt ... Schon damals empfand ich die Melancholie dieser Worte sehr intensiv. Es schien eine Verheißung für mehr als einen Sommer zu sein... Und wie sehr liebte ich damals schon Verheissungen ...








Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland


 
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«




So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«




So klagten die Kinder. Das war nicht recht -
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.




Und die Jahre gingen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«




So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.



* * * * *



Squire von Ribbeck at Ribbeck in Havelland


Squire von Ribbeck at Ribbeck in Havelland,
In his garden there stood a pear tree grand,
And when autumn came round, the golden tide,
And pears were glowing far and wide,
Squire von Ribbeck, when noon rang out, would first
Fill both his pockets full to burst.
And then, when a boy in his clogs came there,
He called: ”My lad, do you want a pear?”
He would hail a girl that chanced to pass:
“Come over, I have a pear, little lass!”




Many years thus went, till the noble and high
Squire von Ribbeck at Ribbeck came to die.
He felt his end. It was autumntide.
Again pears were smiling far and wide.
“I depart now this life” von Ribbeck said.
I wish that a pear in my grave be laid”.
And after three days, from this mansard roofed hall,
Squire von Ribbeck was carried out, `neath a pall.
All farmers and cottagers, solemm-faced,
Sang: ”Jesus, in Thee my trust is placed”,
And the children lamented, with hearts like lead:
“Who`ll give us a pear, now that he is dead.?”
So the children lamented. It was unkind,




As they did not know old Ribbeck´s mind.
True, the new one is skimping niggardly,
Keeps park and pears tree `neath lock and key;
But having forebodings, the older one,
And full of distrust for his proper son,
Knew well what he did, when the order he gave,
That a pear should be laid in his grave.


From the silent dwelling, after three years,
The tip of a pear tree seedling appears.
And year after year, the seasons go round,
Long since a pear tree is shading the mound.


And in the golden autumntide
Again it is glowing far and wide.
When a boy is crossing the churchyard there,
The tree is whispering: Want a pear?”
And when a girl chances to pass,
It whispers: “Come here for a pear, little lass.”




Thus blessings still dispensses the hand
Of von Ribbeck at Ribbeck in Havelland.






Mit diesem alten Druck (Foto Wikipedia) verabschiede ich mich für heute und wünsche Euch eine gute Nacht. Vielleicht habt Ihr ja auch die eine oder andere Birne zu Hause in der Obstschale liegen, oder denkt morgen an sie, wenn Ihr auf dem Markt einkauft und die herrlichen Früchte und Gemüse die Tischplatten verbiegen ...

Seid herzlich gegrüßt - aus dem Blauen Haus -

von Eurer Erika






2 Kommentare:

  1. Liebste Erika,
    ich habe probiert dieser gedichte zu lesen, aber versteht nicht nur die hälfte,-also kann ich von dass nicht was sagen :-)
    Nur hoffe ich dass es dir gut geht, und dass du schöne stunden dieser woche gehabt hast.
    Ich wünsche dir alles liebe und gute , und schicke dir knus og kys.
    Morgen kommt wieder die 2 kleinen mit die mutter ,zum besuchen - freue mir ganz viel.
    Liebste grüsse von deiner freund,Dorthe

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  2. Whow - auch eines meiner Lieblingsgedichte... ich wusste gar nicht, dass es das auch auf Englisch gibt.
    Das Havelland hab ich 1990 kennengelernt, als ich mich aus Berlin heraus verfahren hatte und dann durch ein Dorf fuhr - ich weiß nicht mehr, warum ich dort angehalten hatte, aber eine nette alte Frau führte mich in ihren Garten und pflückte mir so kleine weiße Pfirsiche vom Baum und schenkte sie mir - ich hab vorher und nachher nie wieder so leckere Pfirsiche gegessen!
    Und auf der Weiterfahrt dachte ich an Hernn Ribbeck von Ribbeck....
    bussi
    mo

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