Juni 15, 2025

Verboten, verbannt –

 und doch lebendig

Ein Hymnus an die Bücher, die man nicht lesen soll – und gerade deshalb lesen muss

Es beginnt mit einem Rascheln, kaum hörbar. Ein Windstoß zwischen den Seiten der Welt.
Ein Buch wird aus dem Schulregal genommen, ein anderes aus der Stadtbibliothek entfernt.
Begründung: „Unangemessener Inhalt.“


Doch was ist unangemessen? Ein Kuss zwischen zwei Jungen? Ein Gedicht, das von Widerstand erzählt? Ein Mädchen, das laut denkt? Ein Schwarzer Junge, der Geschichte schreibt?

Man nennt sie banned books, doch sie sind nichts anderes als Spiegel.
Und Spiegel, so wusste schon Perseus, können gefährlich sein – besonders für jene,
die sich nicht erkennen wollen.

In den Vereinigten Staaten flammt die Zensur wie ein kaltes Feuer auf. Schulbehörden streichen Werke, die von Identität, Herkunft, Geschlecht, Haut, Hunger und Herz sprechen. Und mit jeder Entfernung wächst ihr Leuchten. Denn Bücher, die verboten werden, tragen oft das Licht, das die Welt braucht.

Doch wir erinnern uns. Wir Leserinnen, wir Träumer, wir Sammler der Zwischenworte. Wir wissen: Ein verbanntes Buch ist ein Siegel, das sagt: „Hier spricht Wahrheit. Hier liegt Kraft. Hier darfst du dich selbst erkennen.“


Hier seht ihr meine „Schwarze Liste der leuchtenden Bücher“, eine Bibliothek der Unbeugsamen, der Mutigen, Verboten aber Unsterblich.

Hier nur eine kleine, unvollständige Galerie der gefährlichen Bücher – weil sie Menschen wecken:

  1. "1984" von George Orwell
    – Weil es zu deutlich mahnt. Weil es zu genau sieht.
    „In Zeiten universeller Täuschung ist das Aussprechen der Wahrheit ein revolutionärer Akt.“
  2. "Das Tagebuch der Anne Frank"
    – Weil ein junges Mädchen nicht schweigen wollte.
    Und weil ihre Stimme, zart und glasklar, den Hass überdauert.
  3. "The Handmaid’s Tale" von Margaret Atwood
    – Ein rotes Gewand, das Angst macht,
    weil es prophetischer ist, als man zugeben möchte.
  4. "Harry Potter" von J.K. Rowling
    – Weil Magie Angst macht – besonders, wenn sie in Kinderhänden liegt.
    Bücher, die Kinder zum Denken bringen, sind immer ein wenig gefährlich.
  5. Die Bibel (ja, die Bibel!)
    – In manchen Ländern, zu manchen Zeiten,
    weil ihre Worte zu mächtig, zu umdeutbar, zu unkontrollierbar waren.
    Ein Buch voller Feuer, Licht, und Abgründe.
  6. "Gender Queer" von Maia Kobabe
    – Ein visuelles Zeugnis von Identität jenseits der Norm.
    Zensiert, weil es ausspricht, was viele leben.
  7. "The Bluest Eye" von Toni Morrison
    – Weil ein Schwarzes Mädchen sich danach sehnt, gesehen zu werden.
    Und das Weinen der Welt zu laut ist.
  8. "All Boys Aren’t Blue" von George M. Johnson
    – Weil es Jungen zeigt, die weich, stark und queer sein dürfen.
  9. "Stamped" von Ibram X. Kendi & Jason Reynolds
    – Eine Chronik des Rassismus, die lieber nicht unterrichtet wird.
    Denn sie ist zu klar, zu schneidend, zu wach.
  10. "This Book Is Gay" von Juno Dawson
    – Ein Liebesbrief an queeres Leben – und gerade deshalb Ziel von Verboten.
  11. "Looking for Alaska" von John Green
    – Weil Teenager Fragen stellen. Und Bücher Antworten flüstern.
  12. "Fun Home" von Alison Bechdel
    – Ein Haus voller Spiegel, Erinnerungen und Identität.
    Entfernt, weil es ehrlich ist.
  13. "Out of Darkness" von Ashley Hope Pérez
    – Weil es Unrecht benennt, das lieber verschwiegen wird.
  14. "13 Reasons Why" von Jay Asher
    – Ein Echo auf die Stimmen, die sonst keiner hört.

Ein leiser Schlussgedanke:

Wenn ein Buch verboten wird,
dann ist es Zeit, es zu lesen.
Nicht aus Trotz –
sondern aus Liebe zur Freiheit, zur Vielfalt, zum Menschen 

Denn in jedem verbannten Buch
schlägt ein Herz,
das niemand zum Schweigen bringen kann.



Juni 14, 2025

Wenn Schweigen Gesetz wird – Ein dystopischer Ruf aus hundert Worten

 Stell dir vor, jeder Tag hätte ein Kontingent: 100 Worte.

Hundert Tropfen aus dem Ozean deines Denkens.
Hundert Atemzüge für Liebe, Schmerz, Wut, Trost, Erkenntnis.
Was würdest du sagen? Und worüber würdest du schweigen?

Christina Dalchers Roman Vox führt uns in eine Welt, in der Schweigen Pflicht ist — nicht aus Schüchternheit, sondern aus politischem Kalkül. Mädchen und Frauen dürfen nur noch hundert Worte am Tag sprechen. Wer diese Grenze überschreitet, wird durch ein Armband mit Stromstößen bestraft.

Diese fiktive Zukunft ist so beängstigend real, weil sie Sprache nicht nur als Kommunikationsmittel versteht, sondern als Schlüssel zur Macht – und deren Entzug als Wurzel aller Kontrolle.

Sprache ist Macht – und Schweigen ist Politik

Sprache ist unser innerstes Territorium. Sie ist das Feld, auf dem Gedanken wachsen, die Brücke, auf der wir einander begegnen, das Haus, in dem unsere Würde wohnt.

In Vox wird Sprache zur Waffe – und ihre Begrenzung zur Zensur der Seele. Frauen verschwinden aus öffentlichen Debatten, aus der Forschung, dem Unterricht, den Entscheidungsgremien. Ihre Gedanken bleiben ungesagt, ihre Stimmen ungehört.

Doch ist das wirklich Zukunftsmusik? Oder erleben wir bereits eine leise Vorform – eine Gesellschaft, in der Frauen sich oft zurücknehmen, unterbrechen lassen, ausbremsen?



 Jean McClellan – eine Frau im Zwielicht des Erwachens

Die Protagonistin Jean ist keine Heldin mit Schwert, sondern mit Sehnsucht.
Sie ist Mutter, Wissenschaftlerin, eine, die gelernt hat, sich einzufügen – bis zu jenem Moment, an dem Schweigen nicht mehr erträglich ist. Jean beginnt zu begreifen: Schweigen schützt nicht.
Es konserviert das Unrecht.

Und doch bleibt sie oft allein. Die weibliche Allianz, die man in solch einer Erzählung erhofft, bleibt blass. Die Rebellion ist kein Chor, sondern ein Solo – und das schmerzt. Denn echte Veränderung beginnt nicht mit Einzelnen, sondern mit Gemeinschaft.

 



Ist das schon Realität – oder noch Fiktion?

Deutschland:

  • Frauen verdienen im Durchschnitt weniger.
  • Ihre Stimmen werden seltener gehört, sei es in Talkshows, Vorstandsetagen oder politischen Gremien.
  • In sozialen Netzwerken sind sie überdurchschnittlich von digitalem Hass betroffen.
  • Der Zugang zu selbstbestimmter Gesundheitsversorgung bleibt ein politisches Dauerthema.

Weltweit:

  • In Afghanistan ist Bildung für Mädchen gefährlich.
  • Im Iran riskieren Frauen ihr Leben, wenn sie tanzen, sprechen, singen.
  • In vielen Staaten werden Grundrechte Schritt für Schritt zurückgebaut – Sprache, Pressefreiheit, Zugang zu Informationen.

 

Was tun mit hundert Worten?

Vox ist kein Zukunftstrauma, sondern ein Weckruf.
Ein Flammenzeichen in Zeiten, in denen viele Frauen immer noch gegen das Verstummen ankämpfen müssen – sei es im Beruf, in der Familie, auf der Straße oder in der Politik.

Was also tun, wenn man hundert Worte zur Verfügung hat? Man könnte sie schweigend zählen.
Oder sie setzen wie Samen – für andere, für uns selbst.

Denn aus hundert Worten kann ein Gedicht wachsen, ein Widerstand, ein Aufruf. Manchmal genügt ein Satz, um eine Tür zu öffnen. Manchmal genügt ein Nein, um eine Kette zu sprengen. 


 „We will not be silenced.”
Vox

Wenn du heute sprichst – wenn du deiner Tochter, Freundin, Schwester, deiner Mutter zuhörst –
wenn du für dich selbst das Wort erhebst: Dann bist du Teil des Lichts, das das Schweigen durchbricht.

Also sag es.
Schreib es.
Flüstere es in den Wind.
Du hast mehr als hundert Worte verdient.
Du hast das ganze Alphabet im Herzen.

 




Juni 07, 2025

Räume

Während der Regentage dachte ich an das Buch "Der Kuss des Einhorns" von Tracy Chevalier. Ich habe das Buch erst zu einem Drittel gelesen und überlege, ob ich weiterlesen soll .... 

Es ist die Figur, des Nicolas des Innocents, die mich zögern läßt. Der Gute pflegt ein sehr inniges Verhältnis zu seiner Libido und ist um keine flotte Rede verlegen, um unter die Röcke der Damen zu gelangen. Mein Männerbild ist gerade nicht freundlich und ich denke, dass ich nicht soviel von der männlichen Welt brauche. Gleichwohl es mir hätte bewusst sein müssen, denn Paris um 1490 ... es herrschten klare Geschlechterverteilungen und die Damen hatten mal wieder keine gute Zeit. 


Und dazu habe ich immer diese eine Gedichtzeile von Martin Walser im Kopf. Sie lautet: Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße" ... (siehe unten). Ob ich einfach als "Gehende" weiterlesen sollte und der Rest des Buches erschließt sich dann ? Oder ich achte auf mein Nichtwollen.

Wenn ich aber doch weiter lese, werde ich vielleicht nicht gleich wissen, warum ich weiterlesen sollte, aber wenn dann legt sich der Teppich der Geschichte aus – und darunter könnten sich Bilder und Erkenntnisse zeigen, die erst im Fortgang spürbar werden.

Und wer weiß, vielleicht wohnt bereits ein Teil der Figuren in mir, hat sich in meinem Bewusstsein eingenistet und wartet darauf, hervorkommen zu dürfen. Vielleicht wartet eine Szene, eine Begegnung, ein Satz, der mein heutiges Denken auf wunderbare Weise verändern könnte. Es gibt nicht nur die Gefahr.

Und was Nicolas des Innocents betrifft, ich erspare mir das andere Geschlecht. Ich erschaffe einen Raum der Heilung, nicht der Reproduktion alter Machtverhältnisse. Lasst uns gemeinsam achtsam mit uns selbst sein.



Es gibt nicht nur die Gefahr,

dass du zu viel riskierst,

es gibt auch die Gefahr,

dass du zu wenig riskierst.

Dem Gehenden schiebt sich

der Weg unter die Füße.


(Martin Walser, 24.03.1927 - 28.07.2023)

aus dem Gedicht "Mut"





Tapisserie - Wandteppich - Bildwirkerei 


Juni 05, 2025

Ein Echo aus der Stille


Lass uns lauschen,
nicht mit den Ohren allein –
sondern mit jenem inneren Verstehen,
das zwischen Sein und Suchen lebt und den Faden der Menschlichkeit spinnt.

Für jene,
die die Sprache der Sehnsucht nicht fürchten.

Nehmt es.
Nicht als Gabe.
Nicht als Gnade.
Sondern als das, was es ist:
Ein Echo,
das seine Antwort sucht.

Nichts ist heilsamer als ein Innehalten,
wenn die Seele nach Stille ruft.

Du darfst jetzt ganz du sein.
Dich nähren. Atmen. Ruhen.

Mit jener Kraft,
die nicht aus Überlegenheit,
sondern aus Herz-Erinnerung wächst.

In eine andere Richtung aufmachen,
seinem eigenen Licht entgegen.

Ein Echo,
das nun - seinen Ursprung und seine Antwort kennt.




Denn wer den Himmel in sich trägt, wie Geschichten es tun,

hat Platz für alle -

auch für jene, die nur im Schatten zu existieren glaubten.









Juni 04, 2025

Wo du erzählst, wird Himmel

 08.06.2025


Wo du erzählst, wird Himmel.

Deine Worte sind aus Lied geformt,

Ich trauere, wenn du schweigst.

Singen hängt überall an dir - 

Wie du wohl träumen magst?


Else Lasker-Schüler





Juni 03, 2025

Lesezeit

 Tracy Chevalier, hat mich mitgenommen in das frühe 19. Jahrhundert, an die raue Küste von Lyme Regis, England. Heute möchte ich euch einladen, mit mir ein wenig von versteinerten Lebewesen zu träumen.  Mit "Zwei bemerkenswerte Frauen" tauchen wir ein in die Welt der Fossilienjagd und begegnen zwei außergewöhnlichen Frauen, die gegen die vorherrschenden Konventionen ihrer Zeit antreten: Elizabeth Philpot und Mary Anning.


Der Roman beleuchtet die ungewöhnliche Freundschaft zwischen der kultivierten, aus London stammenden Elizabeth Philpot und der aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Mary Anning, die schon als Kind mit ihrer Familie Fossilien sammelt und verkauft, um zu überleben. Trotz ihrer unterschiedlichen sozialen Stellungen verbindet die beiden eine gemeinsame, obsessive Faszination für die "seltsamen Steine", die sie an den Klippen finden.


Der Autorin gelingt es meisterhaft, das Milieu und die Herausforderungen der damaligen Zeit einzufangen. Sie zeigt, wie Frauen in der von Männern dominierten Wissenschaftswelt des 19. Jahrhunderts um Anerkennung kämpfen mussten. Mary Anning, die wirklich spektakuläre Funde wie das Ichthyosaurier-Skelett machte, wird natürlich oft als Entdeckerin übergangen, während Elizabeth Philpot mit ihrem intellektuellen Wissensdurst als "Blaustrumpf" belächelt wird. Der Roman thematisiert eindringlich die damaligen wissenschaftlichen und theologischen Debatten, die durch die Funde der beiden Frauen ausgelöst wurden – Debatten, die das herkömmliche Weltbild ins Wanken brachten.

"Zwei bemerkenswerte Frauen" ist eine leise Geschichte über wissenschaftliche Entdeckungen, Klassenschranken und die Kraft weiblicher Freundschaft. Chevalier führt uns Leserinnen und Leser zu einem tiefen Verständnis für ihre Gedanken, Gefühle und Motivationen. Die Sprache ist atmosphärisch und fesselnd, und man spürt die Gischt des Meeres und die Spannung bei jedem neuen Fund.

Fazit: "Zwei bemerkenswerte Frauen" ist ein hochinteressanter und bewegender historischer Roman, der zwei Pionierinnen der Paläontologie ein verdientes literarisches Denkmal setzt. Wer sich für die Geschichte der Wissenschaft, starke Frauenfiguren und Geheimnisse der Vergangenheit begeistert, wird dieses Buch mögen. Also: Eine klare Leseempfehlung!




Mai 29, 2025

Auf meinen Spaziergängen, während der letzten Tage


 dachte ich häufig über das Thema Vertrauen nach und versuchte, es für mich zu beleuchten. Vertrauen... ist nicht sichtbar und doch kann es tragen wie Wasser. Man kann es nicht besitzen, es ist eine innere Entscheidung, manchmal gegen jeden Beweis. Es ist wie ein Samen in dunkler Erde – er wächst, wenn man nicht daran zieht, sondern ihm Zeit lässt, still und stetig.

Vertrauen ist mehr als das, was uns die Ratgeberliteratur in Begriffen wie Selbstvertrauen oder Zutrauen zu sich und anderen verkauft. Was ich meine und suche, ist das innere Wesen des Vertrauens – nicht als Ziel, sondern als Zustand und vielleicht sogar als ursprüngliches Schwingen mit dem Sein selbst.

Was wäre, wenn Vertrauen ein uraltes, inneres Lied ist, das schon vor unserer Geburt begonnen hat. Vielleicht liegt in ihm eine Art Erinnerung, die wir mitbringen – an ein Urvertrauen, das erinnert werden will. Und ganz hoffnungsvoll könnte es ein leiser Ruf sein, aus einer Zeit, die jenseits der messbaren Zeit liegt.

Vertrauen ist eine innere Dimension, die wir nicht wirklich erkennen können. Manchmal denke ich, dass Vertrauen eine Form des Gedächtnisses der Seele ist, vielleicht auch eine Bereitschaft zur Resonanz mit mir und anderen. Und manchmal ist Vertrauen einfach das Wagen eines Schrittes in die Nacht, getragen von nichts als einem inneren Leuchten.

Also ... ? Ist Vertrauen: 

eine geheime Übereinkunft zwischen Herz und Welt,

ein Wissen ohne Beweise,

ein Vorschuss an Liebe in eine noch ungelebte Richtung,

ein Ja zum (noch) Unbekannten, 

die Brücke zwischen dem Jetzt und einem Vielleicht ... ?

Sicher scheint: Vertrauen ist eine Form von Mut: sich öffnen, ohne sicher zu sein, empfangen zu werden. Wie eine Hand, die du ausstreckst, ohne zu wissen, ob sie berührt wird.  Doch diese Geste kann alles verändern. Mir fallen dazu Worte von Hilde Domin ein:  

 

Nicht müde werden,

sondern

dem Wunder,

leise wie einem Vogel,

die Hand hinhalten

 


 



Mai 24, 2025

Die Poesie des Lebens

Mir gefällt sehr, dass Poesie im Alltäglichen möglich ist. Besonders schön ist sie in menschlichen Bezügen und in Naturerfahrungen. Heute möchte ich die Naturerfahrung, beim Spaziergang mit meiner Freundin und unseren Hunden in den Mittelpunkt stellen. Wir hatten herrliches Abendlicht, die Sonne schien und  Gedanken blitzen auf und fliegen zwischen uns hin und her. Ein teilweise stilles Einverständnis und trotzdem aufmerksames Zuhören im Gespräch.  

In den Begegnungen mit anderen Menschen liegt oft eine zarte, unsichtbare Poesie. Es sind die Momente, die man leicht übersehen könnte, die aber eine tiefe Resonanz haben:

  Das geteilte Schweigen: Manchmal ist die stärkste Verbindung nicht in Worten, sondern im gemeinsamen Schweigen zu finden. Der Blickkontakt, ein verständnisvolles Nicken – das kann eine ganze Geschichte erzählen. 

 Die kleinen Gesten: Eine helfende Hand, ein unerwartetes Lächeln, das Zuhören, wenn jemand wirklich zuhört. Diese Gesten sind wie kleine Verse, die in den Alltag eingeflochten sind und Wärme spenden. 

 Spuren des Lebens: Die Geschichten, die Menschen in ihren Gesichtern tragen, die Narben, die von Erfahrungen erzählen, die Freude in ihren Augen, wenn sie von etwas begeistert sind.  All das ist lebendige Poesie. 

 Der Austausch von Ideen: Gedanken, die sich verweben, wenn Menschen miteinander sprechen, wie neue Perspektiven entstehen und sich Horizonte erweitern. Die Poesie hier liegt im Verbindenden, im Einfühlsamen und in der stillen Kommunikation, die über Worte hinausgeht. 

Es sind goldene Momente - oder gar: Tage mit Goldrand.

Was sind "Tage mit Goldrand?"

Tage mit Goldrand sind z.B. auch "Besuche bei einer alten Dame".  Martin Buchholz hat eine bewegende Dokumentation geschaffen. Es geht um Besuche und Inhalte, die bei "Besuchen mit einer alten Dame" entstanden sind. 

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=AgMnq1WOOYw

Der Film ist schon 5 Jahre alt und hat mich damals sehr bewegt. Und er fällt mir ein, wenn ich an besondere Erlebnisse und/ oder Begebenheiten mit Frauen denke. Eben, wenn es "Tage mit Goldrand" sind. Die Tage, an denen mir das Leben Poesie schenkt. 

Oft liegt die Poesie nicht in den großen, spektakulären Ereignissen, sondern in den kleinen, unscheinbaren Momenten des Alltags. Denke an den Duft von frischem Kaffee am Morgen, das Gefühl von Sonnenstrahlen auf der Haut oder das Muster von Regentropfen an einem Fenster. Diese Details können Schönheit und Bedeutung in sich tragen, wenn wir sie bewusst wahrnehmen. Die Poesie des Lebens liegt darin, das Alltägliche im Besonderen zu finden.

Das hört sich doch eigentlich ganz einfach an, oder?








Goldene Stunde

Die Sonne schüttet Licht
wie Honig über das Dorf,
und wir gehen,
unsere Schatten lange
wie Gedanken, die
keine Eile kennen.

Die Hunde,
leichtfüßige Hüter des Jetzt,
tragen unser Schweigen
mit wedelndem Schweif.

Ein Blick.
Ein Lächeln.
Keine Erklärung –
nur das Wissen:
Hier ist alles richtig.

Und der Abend,
ein Vers aus Licht,
geht wortlos mit.



Mai 20, 2025

Eine düstere Reise durch Magie und Geschichte

 Heute möchte ich euch wieder mitnehmen auf meine Reise durch Bücherwelten. Kai Meyers "Faustus"-Trilogie entführte mich in die faszinierende und düster dargestellte Welt des 16. Jahrhunderts. Hier wird das Leben bestimmt durch Magie, Alchemie und theologische Konflikte. Meyers Interpretation des Faust-Stoffes besteht aus den Bänden "Der Engelspakt", "Der Traumvater" und "Die Engelskrieger". Meyer hält sich nur wenig an die historischen Fakten des Dr. Faustus, der ja tatsächlich gelebt und nicht nur Goethe zu einem Werk inspiriert hat. Ich denke Meyers Buch ist eine interessante und actionreiche Perspektive auf die Legende des Doktor Faustus.


Im Mittelpunkt der Erzählung stehen natürlich der berüchtigte Magier Dr. Johannes Faustus und sein „Zauberlehrling“ Christof Wagner, der in der Geschichte häufig als Erzähler fungiert. Gemeinsam geraten sie in einen Strudel aus Intrigen, Verfolgungen durch die Inquisition und Begegnungen mit übernatürlichen Wesen. Meyer verwebt historische Begebenheiten und Persönlichkeiten der Renaissance mit Fantasy-Elementen. Das schafft einen dichten und atmosphärischen Hintergrund für seine Abenteuer.

"Der Engelspakt" legt den Grundstein für die Trilogie und führt die Hauptfiguren ein, die sich auf einer gefährlichen Flucht befinden. Faustus wird als ein charismatischer, aber auch zwielichtiger Abenteurer und Schwarzkünstler dargestellt. Die Dynamik zwischen dem erfahrenen, oft zynischen Faustus und dem jüngeren, idealistischeren Wagner treibt die Handlung voran.

"Der Traumvater" setzt die Reise fort und vertieft die Mysterien und Konflikte. Die Charaktere entwickeln sich weiter, während sie neuen Bedrohungen und moralischen Zwickmühlen begegnen. Meyer stellt die brutalen und unbarmherzigen Aspekte dieser Ära dar, was der Geschichte eine zusätzliche Ebene, bzw. Intensität verleiht. Auf Folterszenen kann ich persönlich gut verzichten aber vielleicht sind sie wichtig, um die Grenzen zwischen Gut und Böse zu beschreiben.

Mit "Die Engelskrieger" findet die Trilogie ihren Abschluss. Die Einsätze werden höher, und die Konfrontationen erreichen einen scheinbar epischen Maßstab. Die übernatürlichen Elemente, insbesondere die Rolle von Engeln und Dämonen, treten stark in den Vordergrund und führen zu einem packenden Finale, das die zentralen Fragen der Reihe auflöst.

Wenn ihr historische Romane mögt und Fantasy, seid ihr bei diesen drei Büchern gut aufgehoben. Ich hätte mir allerdings noch ein paar mehr Hintergrundinformationen gewünscht und insbesondere etwas mehr Liebe zum Detail zu Dr. Faustus selbst. Mein Fazit: Die Bücher sind unterhaltsam aber für mehr Informationen und Tiefe der Figuren muss ich selber recherchieren. 


Ein Buch für den Nachttisch ist "Faustus" gewiss, doch wir sollten unbedingt die Leseperspektive verlassen und draußen die schönen Frühlingstage genießen. Auf unserer Hunderunde entdeckten wir Bienenvölker am Rapsfeld.



Mein Lieblingsbaum im Frühling, ist der Weißdorn. Ebenfalls auf diesem Weg stehen uralte, knorrige Bäume und strecken ihre Blüten allem was summt und brummt entgegen. Aus Blüten und Blättern kann man wunderbaren Tee zubereiten, der Herz und Kreislauf stärkt und unterstützt. 







Mai 17, 2025

Ein Netzfund zum Thema "Alte Bienen"

und ein paar Gedanken dazu ...

Wusstest du,  dass die kleinen Bienen, die man abends hin und wieder auf Blumen sitzen sieht, alte Bienen sind?

Alte und kranke Bienen kehren am Ende ihres Tages nicht in den Bienenstock zurück.

Sie verbringen die Nacht auf Blumen. Und wenn sie die Chance haben, einen weiteren Sonnenaufgang zu erleben, nehmen sie ihre Aktivität wieder auf, indem sie Pollen oder Nektar in die Kolonie bringen.

Man sagt: Sie tun das und spüren, dass das Ende naht.

Keine Biene wartet darauf, im Bienenstock zu sterben, um die anderen nicht zu belasten.

Also, das nächste Mal, wenn du eine alte kleine Biene siehst, die auf einer Blume sitzt, während die Nacht sich näherkommt, danke der kleinen Biene für ihren lebenslangen Dienst.

 Verfasser/ Verfasserin unbekannt


Als ich diese Zeilen gelesen habe, wurde ich traurig. Wir wissen so wenig über die Wesen, die uns umgeben. Wir gehen so selbstverständlich von unseren Einstellungen und Meinungen aus, dass nur wenige sich Gedanken machen über das Unbekannte. Ich fragte mich, ob Bienen einen Wunsch nach Freiheit in sich tragen, so wie wir diesen Begriff verstehen. Oder ob sie unter dem Wort eine Freiheit nicht nur im äußeren Sinne, sondern vor allem in jenem stillen, eigensinnigen Raum meinen, den man Selbst nennen könnte. 

Vielleicht möchten sie nicht immer Teil eines Bienenvolkes sein, das ihre Aufgaben, ihre Lebensspanne und das übrige Leben bestimmt. Vielleicht haben sie tief in ihrem Inneren den Wunsch nach Freiheit, der aber im Verborgenen liegt, wie ein Same der in frostiger Erde ruht. 

Wahrscheinlich fragen sie nicht nach ihrer Bestimmung, sondern handeln so, wie es ihrer Art entspricht. Mit stiller Entschlossenheit stellen sie sich täglich den Rätseln, die sich ihnen offenbaren. Vielleicht sind sie Wanderinnen zwischen den Welten. Und wer weiß, vielleicht dürfen sie sich ja entscheiden. Zwischen der Welt, in die sie hineingeboren wurden oder der Welt, die Freiheit verspricht. 











Mai 12, 2025

"Der Spiegel, der spricht"

 


Ich erwache am Morgen und lausche.

Ein Gerüst aus Licht und Duft

ich kann es füllen mit Rosen,

mit Nebel, mit Goldregen.

 

Die Tarotkarten liegen auf dem Tisch.

Wie stumme Boten einer alten Sprache.

Oben sichtbar: Die Hohepriesterin.

Ich lächle still und denke „Der Schleier hat sich bewegt“.

 

Die Muse erscheint im Spiegel,

zart, fast flüchtig, dann deutlicher.

Ist es Traum, Vision, Wirklichkeit?

Die Muse offenbart: Sie war immer da.

Sie konnte sich erst zeigen, wenn das Lauschen da ist.

 

Ich setze mich zur Muse,

mit einer Tasse Tee und lausche.

Die Muse spricht von einer Reise,

nicht durch Länder, sondern durch Wirklichkeiten.

Durch innere Zerrissenheit, Sehnsucht, Berufung, weibliche Erkenntniskraft.

 

Eine Erscheinung?

Die Sonne taucht den Morgen in goldenes Licht,

in Freude und Zuversicht.

Ich beginne zu schreiben, nur für mich.

Und leise spricht die Muse von Vertrauen und Tiefe:

Und wenn du magst, zeichne mit Traumfäden und Stiften.

 

Ich lausche.

Der Morgen leuchtet.




April 26, 2025

Ein kleiner Gruß aus meiner Blogpause

Die letzten Wochen waren leider etwas zäh. Eine hartnäckige Bronchitis hat mich außer Gefecht gesetzt, und als wäre das nicht genug, folgte prompt eine Nasennebenhöhlenentzündung. Diese langwierige Geschichte zieht sich nun schon eine ganze Weile hin, und an einen "normalen" Alltag ist im Moment noch nicht zu denken.

Das ist besonders schade, wo doch endlich die Sonne scheint, die Temperaturen frühlingshaft werden und der Garten lockt! Stattdessen heißt es für mich weiterhin viel liegen und auskurieren, um endlich wieder fit zu werden. Ein bisschen paradox ist das ja schon, oder?


Ich hoffe, euch allen geht es gut und schicke herzliche Grüße in die Bloggerwelt!





März 26, 2025

Purer Zauber!

 "Was wäre, wenn Bücher nicht nur Geschichten enthielten, sondern selbst lebendig wären? Wenn jedes geschriebene Wort eine geheime Kraft besäße?"

Kay Meyer erschafft in Die Seiten der Welt eine Welt, in der Bibliomanten mit Büchern Magie wirken können – eine Liebe zur Literatur, die nicht nur gelesen, sondern gespürt und gelebt wird.

Es war ein unbeschreibliches Gefühl, in die Seiten dieses Buches einzutauchen und die von Kay Meyer erschaffenen Welten zu betreten. Es war nicht nur ein Flüstern zwischen den Seiten, es war ein Sog in eine andere Realität. Mit seiner Fantasie reiste ich in Furias Welt und erlebte ihre Entschlossenheit, ihre Liebe zu Büchern und den magischen Wesen, die in ihrer Welt existieren.

Es ist die Macht von Geschichten und Büchern, die sie unglaubliche Abenteuer erleben lässt. Ihre Sehnsucht nach verborgenen Welten und die Erkenntnis, dass Worte stärker sind als alles andere. Es ist eine Magie, die mich hinweg trägt. Hinein in Worte und Geschichten, in die Seiten der Welt und in altes Pergament. Mit Furia eröffnen sich Bibliotheken, die das Geheimnis der Sprache berühren. Jedes geschriebene Wort besitzt eine eigene Energie die trägt und unsere Realitäten formt. So, wie ein Zauberspruch, der sich mit jeder Wiederholung verstärkt.

Der Roman zeigt ja auch, dass Bücher nicht nur Geschichten erzählen, sondern lebendige Wesen sein können – mit eigenem Willen, mit Geheimnissen und versteckten Türen, die in mysteriöse Welten führen können.

Ein Geheimnis der Sprache ist für mich ihr Echo in der Zeit. Worte, die vor Jahrhunderten geschrieben wurden, können heute noch ein Herz berühren, können weinen, leuchten, trösten. Ist das nicht Magie?

Aber vielleicht ist das größte Geheimnis der Sprache, dass sie uns verbindet. Dass sie eine Brücke sein kann zwischen Seelen, zwischen Zeiten, zwischen dir und mir.


Eine Reise in Worten, in Gedanken und Träumen. Jede Sprache und jede Geschichte trägt ein eigenes Bewusstsein, eine eigene Seele. Manche Worte haben eine Wärme, die man spüren kann, andere eine Schärfe, die tief schneidet. Es gibt Klänge, die wie Wasser fließen, und solche, die wie Feuer knistern. Jede Sprache öffnet eine neue Welt – nicht nur durch ihre Bedeutung, sondern durch ihren Rhythmus, ihren Atem.




Und dann gibt es diese rätselhaften Worte, die sich trotz Wörterbuch nicht leicht übersetzen lassen – saudade, hygge, samhain, sempre. Sie sind wie Zaubersprüche, die eine ganze Welt in sich tragen.


Die Sprache ist wie ein Zaubergarten voller verborgener Pfade, verschlossener Türen und geheimnisvoller Schlüssel, die nur darauf warten, gefunden zu werden um einzutreten in die Welt von Geschichten.

Ich  hoffe, nicht blind zu sein, sondern den Ruf und die Magie der Sprache mit jedem Atemzug zu spüren. Und vielleicht geschieht es nicht nur manchmal, dass das Licht der Erkenntnis erst in einem bestimmten Moment auf ein Wort, eine Bedeutung fällt...




März 16, 2025

Der Eremit als Jahreskarte, eine Zeit der inneren Einkehr

In diesem Jahr ist die Tarotkarte „Der Eremit“ meine Jahreskarte. Es deutet auf eine Zeit der Selbstreflexion, der inneren Einkehr und des Rückzugs hin. Die Karte verheißt ein Jahr, in dem ich aufgefordert werde , mich von äußeren Ablenkungen zurückzuziehen und mich auf meine innere Weisheit zu konzentrieren.

Der Eremit ist eine Karte der großen Arkana, die für Weisheit, Einsamkeit und spirituelle Suche steht. Er symbolisiert die Notwendigkeit, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, um Klarheit und Verständnis zu gewinnen. Es ist eine Zeit, in der Werte und Überzeugungen hinterfragt werden sollten, und eine Konzentration auf das Wesentliche nötig ist.

Hmmm, das kann ich soweit bestätigen. Und ich habe die Zeit, oder Bereitschaft, um innere Einkehr zu halten. Ich schreibe täglich um meine Gedanken und Gefühle zu reflektieren. Es heißt auch, ehrlich zu mir selbst zu sein und meine Stärken und Schwächen zu erkennen. Das ist zugegebenermaßen nicht immer einfach.

Es ist in Ordnung für mich, dass soziale Verpflichtungen in den Hintergrund treten, um dadurch  Zeit für mich selbst zu haben. Ich kann so meine Batterien aufladen und mich auf meine Ziele konzentrieren. Der Eremit ist eine spirituelle Karte, die auf eine tiefere Verbindung zu meinem inneren Selbst hinweist. Sie hilft beim offen sein für neue Erfahrungen und Erkenntnisse. Es ist ein Weg herauszufinden, was mir wichtig ist. Was bleiben kann.

Dieses Jahr erwarten mich tiefgreifende Veränderungen, meine Wohn- und Lebenssituation betreffend. Ich ringe noch um Klarheit, was die nächsten Schritte betrifft. Und ich erhoffe mir innere Weisheit und Stärke zu entwickeln, die ich brauchen werde, um sie umzusetzen. 





Zu meiner Jahreskarte empfinde ich die Gedanken von Willigis Jäger als sehr stimmig:


Wer sich auf die Stille einlässt 


Wer sich auf die Stille einlässt,

mit dem geschieht etwas.

Die Stille verändert uns,

sie eint und heilt.


(Willigis Jäger, 7. März 1925 - 20. März 2020)




PS: Ich fotografiere Bücher und Tarotkarten auf meiner Tastatur um zu zeigen, dass sie sich in meinem Besitz befinden. Ich mache ausdrücklich keine Werbung für Bücher und andere von mir gezeigten Artikel. Ich kaufe meine Sachen selbst und wenn ich Markennamen nenne, soll es dazu dienen, dass ihr nachvollziehen könnt, worüber ich schreibe.



März 06, 2025

Frühling

Immer wenn ich meine, den Winter keine Minute länger ertragen zu können, kommt der Frühling. Plötzlich scheint die Sonne wieder und verdrängt das Grau der Wintertage, das mich monatelang begleitet hat. Die Temperaturen steigen wieder und die Amseln singen im Garten und in der Nachbarschaft, suchen auf der Erde nach Nahrung. Sie scheinen unberührt vom Weltgeschehen, aber was wissen wir schon, was sie denken, was sie wissen ...

Krokusse zeigen sich wieder überall und sind in meiner Wahrnehmung doch flüchtig, weil es so viele sind, die mir unterwegs begegnen. 



Lesestoff: Tanja Kinkels historischer Kriminalroman Grimms Morde spielt im Jahr 1821 in der Residenzstadt Kassel und verwebt reale historische Figuren am Hof des Hessischen Kurfürsten mit einer düsteren Mordserie. Die Protagonisten und Protagonistinnen des Geschehens sind meine derzeitigen Favoriten der Deutschen Literatur: Die Dichterin und Literatin Annette von Droste-Hülshoff und die berühmten Sprachwissenschaftler und Märchensammler Jakob und Wilhelm Grimm.  

Die Grimms geraten in einen Strudel aus Verdächtigungen, politischen Intrigen und dunklen Geheimnissen, als in der Stadt mehrere grausame Morde geschehen. Es erscheint unglaublich,  doch sie werden selbst als Hauptverdächtige beschuldigt. Während die Behörden gegen sie ermitteln, sehen sich die Brüder Jacob und Wilhelm gezwungen, ihre Unschuld selbst zu beweisen. Doch wen wunderts, sie stehen vor einem undurchsichtigen Netz aus Intrigen, politischen Spannungen und persönlichen Feindschaften, in das sie sich nicht verstricken dürfen.

 Um den wahren Täter zu finden, beginnen sie – unterstützt von den Schwestern Annette und Jenny von Droste-Hülshoff – auf eigene Faust zu ermitteln. Die Droste-Schwestern bringen ihre scharfsinnige Beobachtungsgabe und literarische Intelligenz ein, um Spuren zu deuten und verborgene Zusammenhänge aufzudecken. Doch je tiefer sie graben, desto mehr geraten sie selbst ins Fadenkreuz der Behörden - und schlimmer noch, in das des Täters.

Die Ermittlungen führen sie durch die dunklen Ecken Kassels aber auch in Paläste und lassen sie auf gesellschaftliche Abgründe stoßen. Die politischen Spannungen der Zeit (man bedenke, Napoleon war in deutsche Länder eingefallen und besiegt), persönliche Rivalitäten und geheime Machenschaften bei Hofe, verweben sich mit der Mordserie zu einem Netz aus Verdacht und Täuschung. Die Frage bleibt: Wer steckt wirklich hinter den grausamen Taten, und warum wurden ausgerechnet die Brüder Grimm als Schuldige ins Visier genommen?

Mit Grimms Morde hat Tanja Kinkel einen fesselnden historischen Krimi geschaffen, der Realität und Fiktion meisterhaft verwebt. Die teilweise düstere Atmosphäre der Epoche, die politischen Verwicklungen und die Rolle von Wahrheit und Erzählung stehen im Mittelpunkt dieses spannungsgeladenen Romans. Allerdings habe ich mich beim Lesen gefragt, ob die Dialoge besser etwas kürzerer oder straffer erzählt worden wären. Trotzdem ist es ein lesenswertes Buch, das viele Hintergrundinformationen bietet und Verknüpfungen erstellt, die man nicht erwartet hätte.




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Gedanken:

Wo du erzählst, wird Himmel.

Deine Worte sind aus Lied geformt,

Ich trauere, wenn du schweigst.

Singen hängt überall an dir - 

Wie du wohl träumen magst?


Else Lasker-Schüler






Februar 23, 2025

Dorfalltag am Wochenende

Die zweistelligen Temperaturen locken Marie und mich heute zu einem langen Spaziergängen durch das Dorf. Unterwegs treffen wir viele andere Hunde und deren Menschen und andere Passanten, die sich ebenfalls über die moderaten Temperaturen freuen. 


Wir laufen vorbei an den knorrigen alten Kopfweiden, die frisch geschnitten wurden, nicht einmal fünf Gehminuten entfernt vom Haus. Ich liebe die alten Schätzchen sehr und habe auch hier im Garten ein paar Stecklinge - allerdings aus Platzmangel nur in Töpfen - gepflanzt.

Früher fand das Schnittgut reißenden Absatz. Viele haben sich in ihren Gärten kleine Zäune oder Skulpturen daraus geflochten. Die waren und sind etwas Besonderes, denn Weiden treiben in der Erde neu aus und bilden gute Wurzeln. Im Nu entstehen so lebende Hecken, die einen ganz besonderen Charme haben. Doch leider entstehen auch hier, im dörflichen Raum, immer mehr "Steinbeete" oder häßliche Drahtkörbe mit Bruchsteinen sollen Grenzen bilden. Nur die "Alten" halten an ihren Blumen- und Gemüsebeeten fest. Falls kein Umdenken stattfindet, wird es auch diese Beete bald nicht mehr geben.

Auf unserem Spaziergang treffen wir regelmäßig auch "Die Drei". Eine Skulptur der Künstlerin Gisela Milse, die hier lebt und arbeitet. 


In der Dorfmitte stehen noch ein paar der schönen alten Häuser. Dieses beherbergt ein Restaurant und Café und ist besonders im Sommer gut besucht. 









Wieder Zuhause wartet auf dem Schreibtisch die "Geschichte des Fräuleins von Sternheim". Ich möchte es lesen, muss aber gestehen, dass die Sprache mich fordert. 



Der Roman wurde 1771 veröffentlicht und gilt als der erste deutsche Briefroman, der von einer Frau geschrieben wurde. Er erzählt die Geschichte der tugendhaften, aber naiven Sophie von Sternheim, die in eine intrigante Gesellschaft gerät, sich gegen unmoralische Avancen zur Wehr setzen muss und schließlich ihr Glück findet. Der Roman kritisiert die moralische Verderbtheit des Adels und betont Werte wie Tugend, Gefühl und weibliche Selbstbestimmung.

 Mich interessiert der Roman hinsichtlich der gesellschaftlichen Rolle der Frau im 18. Jahrhundert.  Ich erhoffe mir Einblicke in weibliche Tugendvorstellungen, moralische Erwartungen und in soziale Zwänge dieser Zeit.

Die Protagonistin Sophie von Sternheim verkörpert das Ideal der tugendhaften Frau: Sie ist gebildet, sittsam und standhaft gegenüber unmoralischen Verlockungen. In manchen Quellen wird darauf hingewiesen, dass der Roman nicht autobiographisch ist. Trotz allem soll (und wird) er persönliche Umstände, Gedanken und Emotionen der Frau Lo Roche transportieren. Im 18. Jahrhundert wurde von Frauen erwartet, dass sie sich den gesellschaftlichen Normen anpassten und insbesondere in Liebes- und Ehefragen Zurückhaltung und Moral bewiesen. Der Roman zeigt, wie Sophies Tugend immer wieder auf die Probe gestellt wird. Ihre moralische Standhaftigkeit hebt sie jedoch von anderen Frauenfiguren ab, die sich den Erwartungen beugen oder Opfer der korrupten Gesellschaft werden.

Ein zentrales Thema des Romans ist die wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit der Frau. Sophie von Sternheim kann als Frau nicht eigenständig handeln oder finanzielle Entscheidungen treffen. Ihr Wohl hängt (ausschließlich) von wohlwollenden männlichen Figuren oder einer günstigen Heirat ab. Diese Situation war typisch für Frauen des 18. Jahrhunderts, die oft keinerlei rechtliche oder finanzielle Selbständigkeit besaßen. La Roche zeigt die Schwächen dieses Systems auf und kritisiert die geringe Handlungsfreiheit, die Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft blieb. 

Interessant ist, dass La Roche die Frau stets als höhere moralische Instanz darstellt. Während männliche Figuren sich durch Intrigen und egoistische Motive auszeichnen, steht Sophie für ein Ideal aus Selbstbeherrschung, Mitleid und Weisheit. Dieser Aspekt reflektiert ein weitverbreitetes Bild der Aufklärung: Frauen wurden als Bewahrerinnen von Moral und Tugend angesehen, während Männer diesen Zwängen natürlich nicht unterworfen wurden. 

Trotzdem! hat Sophie von La Roche nach dem Tod ihres Mannes ihren Lebensunterhalt mit der Schriftstellerei erwirtschaftet. 


Sophie von La Roche


Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sophie_von_La_Roche_-_Georg_Oswald_May_1778.jpg