Was wichtig ist: das Unsagbare,
das Weiße zwischen den Worten,
und immer reden diese Worte
von den Nebensachen, die wir
eigentlich nicht meinen.
(Max Frisch, geboren 15.05.1911 gestorben 4.04.1991)
Das weiße zwischen den Worten, das mir immer wieder die Sprache verschlägt und mich neugierig macht auf mehr. Im März und April war und ist es "Das Kopfkissenbuch" der Sei Shonagon.
In vielen Literaturquellen findet man immer wieder einen Verweis auf ein Tagebuch, das eine Hofdame im Japan der Heian-Zeit (794 bis 1185) geschrieben hat.
Mamoru Watanabé schreibt in seiner Übersetzung, dass Kaiserin Sadako einer Hofdame, Sei Shonagon, einen dicken Stoß erlesenes Papier zum Geschenk machte. Die Hofdame meinte, sie würde daraus ein Kopfkissen machen. Ein Kopfkissen war zu jener Zeit eine Notizbuch, in das man alles niederschreiben durfte, was man sonst nur seinem Kopfkissen anvertrauen würde.
Was erschien Sei Shonagon bemerkenswert? Macht, Müßiggang, persönliche Liebschaften, Pikanterien, Flötenspiel und Kalligraphie uvm. Wir heute lesen ihre Worte als Listen. Z.B.
"Ernüchterndes
Ein Hund, der am hellichten Tage bellt
Ein neugebautes Kinderzimmer, nachdem der Säugling gestorben ist
Ein Feuerbecken ohne Feuer
Ein Kutscher, der seine Tiere lieblos behandelt
Es ist auch ernüchternd, wenn man jemandem sein Gedicht schickt, das man selber für wohlgelungen hält und kein Antwortgedicht bekommt."
oder
"Anstand in der Sprache
Leute, die es nicht verstehen, Briefe mit den richtigen Höflichkeitsausdrücken zu verfassen, können verachtet werden ..." (aus der Übersetzung von Watanabé).
Das sind nur zwei Beispiele aus vielen, denen ich gerne nachgehen wollte. Daher suchte ich nach weiterer Literatur, um mir ein Bild der Sei Shonagon zu machen. Gefunden habe ich zunächst eine Übersetzung von Watanabé
und eine neuere Übersetzung von Michael Stein, aus dem Manesse Verlag.
*****
Auch der Roman von Mia Kankimäki, "Dinge, die das Herz höher schlagen lassen" kann mich nicht wesentlich erhellen. Ich erhoffte mir einen tiefer gehenden Einblick in die Lebenswelt der Sei Shonagon. Gefunden habe ich ein Buch, das mehr Fragen aufwirft, als sie zu beantworten. Es ist ein dickes Buch (518 Seiten), das meine Neugier geweckt hat und ich werde weiter suchen.
Auf der Rückseite des Buches lese ich, dass die Autorin aus ihrem Leben ausgebrochen wäre und nach Kyoto gereist sei, um sich auf die Spuren der Sei Shonagon zu machen.
Wahrscheinlich werde ich nicht so bald nach Kyoto reisen können, aber in diese Richtung lesen und schauen, was mir wichtig erscheint und was nicht Unsagbar gewesen sein soll, habe ich beschlossen.
Kopfkissenbuch - ein wunderbares Wort!
AntwortenLöschenUnd was sich erst dahinter verbirgt, hinter all den Buchstaben, mit denen es gefüllt wird ... Soviel an inneren Bewegungen, die niemand ahnen soll. Meine Bücher waren stets voll davon.
Wir können physisch nicht jede Reise tun, von der wir träumen - aber in unseren Vorstellungen sind uns doch keine Grenzen gesetzt. Dazu anregende Bücher, auch, wenn sie noch mehr Fragen aufwerfen. Sind Fragen nicht interessanter als so manche Antworten? (So zumindest empfinde ich gar nicht einmal so selten.)
Meine Suche nach Antworten bereitet mir Wege, die mich erfüllen. Das Suchen bedeutet mir manchmal mehr, als zu finden.
Herzlichen Dank für Deine Gedanken, sie bereichern mich sehr! Liebe Grüße zu Dir! C Stern