DU LEGST DEIN LICHT IN ALLEN FARBEN
Du legst dein Licht in allen Farben
um meine weisse Einsamkeit.
Ich fühle sie an meinen Narben
wie Balsam einer leichten Zeit.
(Rose Ausländer)
Die letzte Vollmondin des Jahres, läutet sie ein, die Sperr- und Dunkelnächte. Es ist Zeit, das alte Jahr rückblickend zu bedenken, zu befühlen und zu verabschieden. Die Abende und Nächte
vom 8. zum 9. Dezember, der Monat Januar
vom 9. zum 10. Dezember, der Monat Februar
vom 10. zum 11. Dezember der Monat März
vom 11. zum 12. Dezember, der Monat April
vom 12. zum 13. Dezember, der Monat Mai
vom 13. zum 14. Dezember, der Monat Juni
vom 14. zum 15. Dezember, der Monat Juli
vom 15. zum 16. Dezember, der Monat August
vom 16. zum 17. Dezember, der Monat September
vom 17. zum 18. Dezember, der Monat Oktober
vom 18. zum 19. Dezember, der Monat November
vom 19. zum 20. Dezember, der Monat Dezember
sind stille Nächte. Das Jahreslicht zieht sich zurück an seine dunkelsten Orte, um zur Wintersonnenwende wieder geboren zu werden. Es sind magische Tage, die zur Einkehr einladen. Es ist Zeit für Räucherrituale. Es ist Zeit für Ahninnen und Ahnen und es sind Zeiten, in denen wir urweiblichen Frauen- und Göttinnenthemen nachspüren können.
Es ist eine gute Zeit um sich selbst zu begegnen, zu schauen, was unter dem Oberflächlichen, das uns im Alltag begegnet, verborgen ist.
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Auf der Suche nach sich selbst, ist die Begegnung mit der eigenen Intimsphäre ein wichtiger Moment. Die Begegnung im Körperhaus und dem Haus, das als "erweiterter" Körper in der Materie wahrnehmbar ist, findet statt - ob gewollt oder ungewollt. Einen Bund eingehen mit der unmittelbaren Umgebung, einem Zuhause, der der Kontrolle der Gesellschaft zunächst verborgen und entzogen ist, bedeutet einen Freiraum zu erleben, zu dem man nur selber Zutritt hat. Ob dieser Freiraum geteilt werden will und wird, ist persönlich.
Was macht ein Haus zu einem Zuhause? Zuerst an die Grundbedürfnisse denken; Wärme, Schutz, Geborgenheit, gutes Essen und ein behagliches Bett. Natürlich gehört viel mehr dazu. Ein gutes Zuhause ist ein Ort der Geborgenheit ist ein Ort an dem Gastfreundschaft herrscht. Ein Ort, den Ahninnen und Ahnen gerne besuchen, weil hier auch ihrer gedacht und mit ihnen kommuniziert wird. Ein Ort, an dem mit anderen geredet und diskutiert wird, einer, an dem Bücher zu finden sind und Musik. Geschichten erzählen sich selbst und erfreuen auch die, die an kreativen Beschäftigungen Freude finden. Oder, wie Tolkien formulierte, ein Ort an dem man einfach nur sitzen und denken kann oder ein vergnüglicher Mix aus allem.
Auslöser für diese Gedanken, ein Zitat von J.R.R. Tolkien, aus The Hobbit:
sollte man nur am Meer sitzen.
Vielleicht sollte man nur am Meer sitzen und schweigen,
ohne am Schweigen zu verderben, ohne ein Du zu erwarten,
Hand in Hand allein, zärtlich beziehungslos, ohne Hoffnung.
Schreibt Max Frisch an Ingeborg Bachmann, im Juli 1959.
Fotos: Uwe Nittel