Die letzten Tage des Jahres rauschen an mir vorbei. Wo früher freudiges und gespanntes Warten und Erwartung hin zur geweihten Nacht strebten, herrscht heute offenbar Mangel. Mangel an Zeit. Mangel an Menschen. Mangel an Leichtigkeit. Mangel an Lebensfreude?
Generell scheint ein Mangel an Gelegenheiten zu herrschen. Oder ist es "nur" die Zeit, die gerade unglaublich schnell läuft. Ist das Leben schneller geworden oder bin ich zu schnell?
Es ist tröstlich, mich an Lyrik zu erfreuen. Heute lese ich Ricarda Huch, sie schrieb:
Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen
sich tiefer und tiefer ins Herz hinein.
Und während Tage und Jahre verstreichen,
Werden sie Stein.
Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre,
Sie scheinen zerronnen wie Schaum.Doch du spürst ihre lastende Schwere,Bis in den Traum.Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,Die Welt wird ein Blütenmeer.Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,Da blüht nichts mehr.Ricarda Huch
Ich lese immer wieder, dass man "durch das Loslassen in die Leichtigkeit" kommen soll. Und versuche, mich darin zu üben. Ich mustere Dinge aus, Kleidung, Kram und Krempel. Räume aus und räume wieder ein und stehe dennoch vor vollen Schränken. Es heißt, man solle die alten Dinge als Dünger für das Kommende nehmen. Wie soll das gehen? Dann müsste ja doch vieles bleiben und ich baue - was - darauf auf.
Was kann ich noch loslassen? Bücher, Schuhe, Taschen. Nun kommt es wie ein Rausch über mich. Ich überlege, dass ich wenn ich gerade so schön in Fahrt bin, auch immaterielles ausmisten möchte. Alte Hoffnungen z.B., die sich nicht erfüllt haben ... weg damit! Unerfüllte Lebenswünsche ... brauche ich die Erinnerung an sie? Nein. Ich brauche Raum für Neues, also weg damit. Und in einer der hinteren Ecken sehe ich etwas, das ich erst nach längerer Zeit als alte Ängste, einstufen würde. Gut versteckt, in den hinteren Winkeln und doch willens, jederzeit wieder in Erscheinung zu treten.
Fotografie von Wanda von Debschitz-Kunowski - Die Blauen Bücher: Menschen der Zeit. Hundert und ein Lichtbildnis wesentlicher Männer und Frauen aus deutscher Gegenwart und jüngster Vergangenheit, Karl Robert Langewiesche Verlag, Königstein 1930, Bild 83, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=526610
Wer war Ricarda Huch? Ricarda Octavia Huch, Pseudonym Richard Hugo (* 18. Juli 1864 in Braunschweig; † 17. November 1947 in Schönberg im Taunus) war eine deutsche Schriftstellerin, Philosophin und Historikerin, die als eine der ersten Frauen im deutschsprachigen Raum im Fach Geschichte promoviert wurde. Sie schrieb Romane und historische Werke, die durch einen konservativen und gleichzeitig unkonventionellen Stil geprägt sind. Quelle: Wikipedia
Danke für diese Posting das mich auch an mich erinnert und dieses Zitat ist bewunderswert es passt auch zu mir gut.Ja das alte los werden das habe ich nach der Aufregung auch nötig um zu Ruhe zu kommen wieder.
AntwortenLöschenEs wird schneller so komme ich auch vor und doch ich glaube dass man selbser ich verrückt macht oder an stecken lässt von aussen.
Ich wünsche dir einen schönen 4. Advent!
Lieben Gruss Elke
danke für diese ERinnerung, altes loswerden - loslassen was schmerzt, belastet und verstört...
AntwortenLöschenich verstehe gut diesen Wunsch auszu-misten - wobei ich mich ungern von Büchern trenne und froh bin einen Abnehmer für Haus garten und meins" gefunden zu haben, nachdem ich auch diesen Weg der auch schmerzt seit einigen Wochen konzentriert gehe.
kein leichter Weg, aber einer den jeder einmal gehen sollte um andere nicht mit seinem Leben zu belasten.
Zum Jahresende drückt man sich nicht mehr davor, Wichtiges im Leben ab-zu-geben...
loslassen ist immer schwer...
ich danke diir für diesen Post den viele lesen sollten noch vor dem Jahresende...
herzlichst meine besten Wünsche für dich
angelface
Liebe Erika,
AntwortenLöschenja, es ist eine schwierige Zeit, wo vieles irgendwie fehlt...unbenennbar... und natürlich auch ganz handfest manchmal.
Wir muszten nun unseren alten Ritualplatz loslassen und freunden uns gerade etwas mit einem Ersatz an, der eigentlich keiner ist. Eher Notbehelf. Aber eben ein neuer Weg und das hat auch etwas für sich!
Das Gedicht kannte ich... und Deine Zeitspirale ist wunderschön und hat so viel Leuchten!
Genau das - Leuchten - wünsche ich Dir für die Zeit der Rauhnächte und den Beginn den Neuen.
Herzlichst
Mascha
Ja, immer wieder loslassen, sich Zeit für Trennung zu nehmen. Was will ich behalten, was brauche ich nicht! Wichtiges von Wichtigem unterscheiden, das versuche ich immer wieder, manchmal fällt Trennung schwer, aber es muss sein mit der Zeit. Herzlichen Dank für Deine Gedanken! Ich wünsche Dir ein gutes Jahr mit Gesundheit ,Leichtigkeit und viel Zeit, auch wenn sie gering erscheint, es geht!
AntwortenLöschenLiebste Grüsse, Klärchen